Inhaltsverzeichnis:


      Was sagen Börsianer zu meinen Thesen?
      Der nächste Crash kommt bestimmt – unerwartet
         Hinterher schlauer sein ist eine exakte Wissenschaft!
      Nachtrag

 

Was sagen Börsianer zu meinen Thesen?

Gegen meine Auslegungen gibt es eine Reihe möglicher Bedenken. Der Haupteinwand ist der, dass ein Experte an der Börse es vermeidet, zu handeln wie alle Anderen. D. h. wenn alle anfangen, Aktien zu kaufen, hält er sich zurück. Sobald die Aktien auf dem Tiefstand sind, wird gekauft (vorzugsweise nach einem Crash). Das entspricht der allgemeinen Regel: Kaufe, wenn die Kurse niedrig sind, verkaufe, wenn die Kurse hoch sind.

Ein Beispiel für Expertenhandeln: Experten sehen auf die (möglichen) Kurssteigerungen, nicht auf die Dividenden. Laien handeln genau andersherum: Dividenden sind eine Art Zinsen, und man legt sein Geld für gute Zinsen an …

Interessant daran ist: Betrachtet man die letzten 20 Jahre an der Börse, war die Strategie erfolgversprechend, die Papiere mit den höchsten Dividenden hatten i. d. R. die höchsten Kurssteigerungen. Die Laien waren klüger – oder zumindest: Sie haben klüger gehandelt. Das ist nicht dasselbe!.

Vor einem Crash sind alle gleich – das ist eine Beobachtung: Vor den Crashs der letzten Jahre, wenn sich eine »Blase« gebildet hatte oder ein »Hype«, waren alle Experten einer Meinung: Entweder, für den Sektor gelten die alten Regeln nicht, oder, das sei eine neue Ökonomie mit neuen Regeln. Beispiel: Der Übergang von der Produktionsökonomie (»Old Economy«) zu einer Dienstleistungs- oder Aufmerksamkeitsökonomie (»New Economy«) usw. usf _1_. Jedes Mal kam der Crash für die Experten überraschend, ausgelöst durch ein winziges Ereignis. Wer beim letzten Crash verloren hatte, der war beim nächsten schon vorsichtiger.

 

Der nächste Crash kommt bestimmt – unerwartet

Für einen Crash gilt das Paradoxon der unerwarteten Luftschutzübung _2_. Dort macht sich Erfahrung bemerkbar. Spätestens beim übernächsten Crash scheinen die Regeln nicht mehr zu gelten oder es hat sich eine neue Ökonomie gebildet usw. usf. Ein Crash wird durch menschliche Gier angetrieben, die ist gewichtiger als die Vernunft. Wenn ich beim ersten Crash zu früh ausgestiegen bin, neige ich dazu, es beim zweiten Crash zu spät zu tun – und umgekehrt. Und da es allen anderen hleich geht, ist der nächste Crash unvorhersehbar.

Zurück zu dem Einwand, dass Experten sich nicht so verhalten wie die Mehrheit der Laien. Angenommen, wir haben eine Hebelvorrichtung, die für einen Kräfteausgleich sorgt. Da spielt es keine Rolle, ob auf der einen Seite kräftigere (und weniger) Leute drücken als auf der anderen Seite: Es bildet sich eine Balance. Und da der Kurs einer Aktie sich durch Angebot und Nachfrage bildet, man besser von einem Gleichgewichtskurs reden sollte, spielt es keine Rolle, auf welcher Seite man steht.

Am Deutlichsten wird das bei Futures. Futures sind ein Nullsummenspiel (minus Transaktionskosten). Eine Position (eine Wette auf die Zukunft) kann nur aufgebaut werden, wenn es eine Gegenposition gibt, d. h. jemanden, der dagegen wettet. Bei offensichtlichen Ausgängen wird man keinen finden, der entgegengesetzt setzt. Da kommt kein Geschäft zu Stande. Auf Aktien übertragen: Wenn der Kursanstieg gewiss ist, werde ich keine Aktien kaufen können. Wenn der Kursabfall außer Zweifel steht, werde ich keine finden, an den ich verkaufen kann, außer zu einem Kurs, an dem ein baldiger Anstieg wahrscheinlich ist. Je höher das Risiko, dass der Kurs nicht mehr steigen wird, desto niedriger der Kurs, zu dem ich verkaufen kann. In der Gesamtheit gleichen sich die Ströme aus.

Wie beim Roulette muss man eine Zeitlang mit von der Partie sein, um annähernd auf einen Ausgleich zu kommen. Man wird sich von dem entfernt haben, und in der Illusion leben, man sei ein Experte, je nach Richtung …

Die Mehrheit Börsianer, die ich kenne, sind nur in zwei Dingen Experten: in Zahlenspielereien, z. B. Chartanalysen, und in Volkswirtschaft. Und gegenüber der Volkswirtschaft hegen sie ein größeres Misstrauen als gegen Chartanalysen. Experten, die nur in einer einzigen Branche an der Börse spekulieren, sind selten. Und Experten in einer Branche können sich gewaltig vertun. Die meisten Börsianer sind Experten für die Börse!

Bei den Chartanalysen kann man sehen, dass die nur gute Aussagen über vergangene Ereignisse machen können. D. h. wenn man sich die vergangenen 10 Jahre an die Analysen gehalten hätte, dann hätte man überdurchschnittlich verdient – nur: Wäre die Methode schon vor 10 Jahren viel eingesetzt worden, hätte sie nicht funktioniert.

 

Hinterher schlauer sein ist eine exakte Wissenschaft!

Heute verbreitet sich das Wissen über die Börse dank dem Internet schneller als früher. Die Chartanalysen bekommt man im Internet – kostengünstig). Dasselbe gilt für Tipps, Ratschläge und Hinweise. Nicht umsonst besitzt die Mehrheit der Börsianer einen Internetanschluss. Nur: Das Internet erhöht (oder senkt) die Transparenz für alle gleichermaßen. Vorteile eines Fachwissens nivellieren sich schneller als früher. Und um die Unsicherheit zu erhöhen: Die Geschwindigkeit, mit der sich Gerüchte verbreiten, erhöhen sich, damit das Risiko, auf eine Irreführung hereinzufallen. Und bis man ein Gerücht überprüft hat, ist die Chance zum Geldverdienen (oder -verlieren) dahin. Wenn es alle wissen, ist es kein Vorsprung.

An der Börse werden Aktien nicht ausschließlich des Kurses wegen gehandelt: Es geht um Firmenbeteiligungen, bei denen Kursgewinne keine (oder geringe) Rolle spielen. D. h. Aktien werden gekauft, um einen Einfluss auf eine Firma zu bekommen, um einen Markt zu kontrollieren oder Zusammenarbeit zwischen Firmen abzusichern etc. Hier spielt eine andere Motivation die Rolle. »Erzielung eines Kursgewinns« ist als Handlungserklärung nicht ausreichend.

Nur: Wir haben es hier mit Motiven zu tun, die einer Geheimhaltung unterliegen. Wenn jemand versucht, über den Kauf von Aktien einen Einfluss auf eine Firma zu bekommen, wird er die Absicht nicht offen kundtun. D. h. wir haben es mit weiteren »verborgenen« Einflüssen zu tun, die das System chaotisieren, und die die Rolle des Zufälligen eher verstärken. Werden derartige Absichten öffentlich, werden die Erwartungen zu einem neuen Ausgleich getrieben: je nachdem, was die Gesamtheit der Handelnden antizipiert.

Jeder weitere Einfluss macht das System nur schwerer durchschaubar. Da Wetter beeinflusst den Börsenkurs (beispielsweise bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen). Wenn die Wettervorhersage besser wird, wird die Vorhersage trivialer, das Wissen besitzen alle, und es gereicht keinem zum Vorteil.


 

Nachtrag

Soweit mein alter Text. Die Einwände gegen meine Theorie haben sich nach der Subprime-Krise dramatisch reduziert. An den Vorgängen lässt sich nachvollziehen, was ich sechs Jahre zuvor geschrieben habe. Ebenso, dass niemand die Krise vorhersagen konnte. Sie kommt mit Sicherheit, sobald genügend Leute meinen, die Entwicklung der Börse mit einem Trick von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abkoppeln zu können.


1. Sechs Jahre, nachdem ich das geschrieben hatte, wagte man mit dem Bündeln von Wertpapieren ein neues Experiment. Heraus kam die Suprime-Krise, ein gewaltiger Börsencrash. Neu war, dass die Banken nicht nur das Geld ihrer Kunden verloren, sondern teilweise ihr eigenes. Den Grund für die Pleite habe ich sechs Jahre vorher veröffentlicht. Zurück zu 1

2. Erläuterung: Bei der Truppe wird für nächste Woche (Montag bis Freitag) eine »unerwartete Luftschutzübung« angekündigt. Freitags kann sie nicht stattfinden, in dem Fall wäre sie nicht mehr unerwartet, da die anderen Termine verstrichen sind. Donnerstag fällt aus den gleichen Gründen aus. Die Logik gilt bis Montag: Es gibt keine Übung. Mittwochs findet dem zum Trotz eine »unerwartete Luftschutzübung« statt – niemand hat damit gerechnet. Zurück zu 2


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